Sonntag, 9. November 2014

Kein Verständnis für dein Frau-sein

Gestern war mal wieder solch ein besonderer Abend. Nach 18 Jahren haben mein Cousin und meine Wenigkeit uns endlich einmal wieder getroffen. Wir hatten uns aus den Augen verloren, als wir erwachsen wurden und jeder seinen eigenen Weg eingeschlagen hat. 18 Jahre in denen sich jeder von uns gewaltig verändert hat. Im Vorfeld hatte ich per Mail schon Kontakt mit seiner Verlobten, welche ich noch nicht persönlich kannte. Sie schrieb mir ... "Du solltest Dich aber vielleicht darauf gefasst machen, das B. kein Verständnis für dein Frau-sein hat".

Ups, ich antwortete mit den Worten ... "Ist mir egal, ob er Verständnis aufbringt oder auch nicht. Ich lasse mich von Niemanden vom Frau-sein abbringen. Ich habe mich über 40 Jahre verstellt und versteckt, was dieses Thema angeht. Zu kurz ist das Leben, um das ich darauf verzichten werde".

Hmm ... sind ja nicht gerade perfekte Voraussetzungen für ein erstes Treffen, nach so langer Zeit. Aber ich habe mich dazu entschieden und nun muss ich sehen wie sehr ich zu meiner Entscheidung stehe, wie werde ich mich verhalten ? Wie wird sich mein Cousin nach so vielen Jahren verhalten ? Vielleicht wird es ja auch nur ein kurzer Besuch ...

Nun gut ... gestern war es dann soweit, unverhofft ergab sich die Gelegenheit zu einem ersten Treffen nach über 18 Jahren. Die Verlobte von meinem Cousin und ich standen per Mail im Kontakt. Wir verabredeten uns für den Abend und sie schrieb mir noch folgendes ... "Vielleicht kannst du dann so gut sein und B. beim ersten Zusammentreffen nach so vielen Jahren als Mann zu begegnen. Ich denke er muss sich langsam daran gewöhnen, dass du jetzt - zumindest in seinen Augen - mehr Frau als Mann bist. Er hat Angst davor, dich sofort als Frau zu treffen. "Ich will meinen alten Kumpel wieder haben", war seine Aussage. Ich denke, du kannst das verstehen".

Natürlich kann ich das verstehen. Ich meine ... ich wünsche mir von meiner Umwelt, das sie mich so akzeptiert wie ich nun bin. Ich muss auch meine Umwelt verstehen und in diesem Fall sollte ich meinem Cousin entgegen kommen. Also bin ich auf seinen Wunsch eingegangen und war ganz der alte Kumpel ;-)

Gegen 19:00 Uhr klingelte es dann an unserer Haustür und meine Frau und ich empfingen meinen Cousin und seine Verlobte, nach über 18 Jahren. Ist schon ein komisches Gefühl, sich nach so vielen Jahren wieder zu sehen. Sichtlich aufgeregt und verunsichert begrüßten wir uns ... eine surreale Situation, wie ich sie überhaupt nicht mag, wir sind uns fremd geworden.

Als wir uns dann gegenüber saßen konnte ich doch eine Art Erleichterung bei meinem Cousin feststellen, das ich nicht im Röckchen vor ihm sitze. Langsam und vorsichtig wurde die neue Situation abgetastet und allmählich nährten wir uns auch dem Thema Tinka an.

Es ist sehr interessant, welche Gedanken sich andere über dieses Thema machen. Es sind ganz andere Ängste und Gedanken, wir ich sie mir z.B. mache. Während ich mir Gedanken machen würde wie etwa ... passt mein Outfit zusammen, sitzen meine Haare, ist mein Passing perfekt u.s.w. ... sind die Gedanken bei meinem Cousin ganz andere.

Es wird klar das ich hier erst einmal Aufklärungsarbeit leisten muss. Die üblichen Erklärungen folgen wie ... nein ich bin nicht schwul und stehe jetzt auf Männer. Oder nein ich bin nicht wie Olivia Jones und nein ich laufe auch nicht durch die Straßen Berlins mit rosa Tütü und pinkfarbener Perücke.

Aber unsere Unterhaltung brachte mich zum nachdenken.

Wir redeten darüber wie es wohl sei, wenn ich als Frau mit meinem Cousin um die Häuser ziehen würden. Er hatte Schwierigkeiten sich vorzustellen wie es wohl wäre, wenn wir nun unterwegs, in der U-Bahn z.B. angepöbelt werden würden. Aus längst vergangenen Tagen wissen wir, das wir solche dummen Situationen magisch anziehen. Er fragte mich ... wie soll ich mich dann verhalten ? Würden wir wie früher sofort auf Konfrontation gehen oder müsse er mich die Frau nun als Mann verteidigen ?

Verstehst Du lieber Leser, das sind Gedanken die ich mir bisher nicht gestellt habe, welche aber durchaus berechtigt sind. Durch meine Rolle als Frau bringe ich meine Begleitung in eine völlig andere Situation. Ich finde den Gedanken schon auch niedlich ... mein Cousin, mein Beschützer. Positiv für mich aber um einiges anstrengender für meinen Cousin, in diesem Fall.

Oder auch die Gedanken darum, wie er in der Öffentlich mit mir sprechen oder sich mir gegenüber verhalten solle. Er fragte ob es mich verletzen würde, wenn die ganze Sache auch etwas lockerer anginge, wenn wir z.B. eingehakt über die Strasse gingen und rumalberten.

Eingehakt über die Strasse ... im Klartext ... er hatte Schwierigkeiten sich vorzustellen mich auch als Frau zu behandeln. Ob ich dann verletzt oder beleidigt wäre und er mir dadurch das er mich weiblich behandelt das Gefühl vermitteln würde, das er mich und die ganze Sache nicht ernst nimmt, waren seine Ängste.

Hmm ... kurz nachgedacht ... nun er würde mich ganz selbstverständlich wie eine Frau behandeln wollen, schon mal supertoll denn was will ich mehr ?
Warum sollte ich jetzt verletzt sein ? Er behandelt mich wie eine Frau und ist sich gleichzeitig unsicher darüber ob er mich dadurch als Mann beleidigen würde und er mir dadurch vermitteln würde das er mich nicht ernst nimmt.

Puh, ganz schön viel Hirnsalat, also an was für komische Dinge denkt mein Cousin denn da ? Sind das die Probleme über welche sich meine Umwelt nun Gedanken macht ?

Komisch an solche Dinge hatte ich noch nie gedacht. Ich habe bisher hauptsächlich über mich, über meine Person nachgedacht. Aber na klar ... ich sollte mich auch einmal in die andere Person hinein versetzen.

Wenn mich bestimmte Menschen immer oder schon viele Jahre ausschließlich als Mann kannten, dann muss ich mich natürlich auch mit diesen Menschen beschäftigen, ich kann nicht egoistisch nur meine Sicht der Dinge sehen und voraus setzten und erwarten das meine Umwelt mich nun selbstverständlich so zu akzeptieren hat wie ich bin.

Nach dieser Unterhaltung zwischen meinem Cousin und mir, welche bestimmt noch nicht beendet ist werden mir die Schwierigkeiten klar die Menschen haben müssen, die einen immer nur als Mann kannten. Ich war immer nur auf mich fixiert, das ich so akzeptiert werden will wie ich nun bin. Aber ich muss auch die Situation der anderen berücksichtigen, die Schwierigkeiten und Ängste welche Andere nun mit mir haben, egal in welcher Situation.

Um noch einmal auf eine mögliche Konfrontation in der U-Bahn zurück zu kommen. Eine Frage die niemals gestellt worden wäre, früher hätten wir uns in so einer Situation nur kurz angeschaut und dann Bums. Gestern habe ich meinem Cousin gesagt das ich versuchen würde mich in solch einer Situation zurück zu ziehen, klein beizugeben und der Konfrontation ausweichen würde.

Es stimmt also nicht, wenn ich zu anderen immer sage ... ich bin doch trotzdem noch der Alte so wie Du mich kennst, ich habe mich doch nicht verändert. Doch ich habe mich verändert, ich gestehe Schwäche ein und würde in der U-Bahn lieber weglaufen. Nicht so wie früher ... Bums.

Na wie dem auch sei ... ich habe nun keine Bedenken mehr, das mein Cousin kein Verständnis für mein Frau-sein hat und ich freue mich schon auf den ersten gemeinsamen Zug um die Häuser.

Es zeigt wie wichtig das persönliche Gespräch ist. Nur mit Offenheit und klaren Worten können Vorurteile und Ängste beseitigt werden. Und Schluss endlich, unter dem Strich stellt sich dann heraus ... keine Panik, ich bin ja doch noch irgendwie der Alte ...
Gott sei Dank ;-)

Freitag, 31. Oktober 2014

Lecker High Heels zum anbeissen

Ich gehe am Stock ... High Hehls in Kuchen- oder Eistütenoptik, die süßesten Schuhe, die ich jemals gesehen habe. Für mich ein Grund darüber zu berichten.

Was Chris Campbell, der "Shoe Bakery" Chef aus Florida USA da zaubert ist ja wohl der Knaller schlechthin. Sein 2013 gegründetes Unternehmen stellt Schuhmodelle her, welche aussehen wie kleine Törtchen oder supersüßes Eis.

Die Modelle entstehen mit viel Liebe zum Detail, denn Chris seine Leidenschaft sind Schuhe und Süßigkeiten. Seine Schuhmodelle werden in Handarbeit gefertigt, weshalb es wohl auch bei einigen Schuhmodellen zu Wartezeiten kommt, das habe ich jedenfalls im Bakery-Shop gesehen. Aber die Ergebnisse können sich sehen lassen, wie ich finde.

Wer ein ganz spezielles oder ausgefallenes paar Schuhe haben möchte kommt bei der "Shoe Bakery" ebenfalls auf seine Kosten. Der Hersteller aus Florida fertigt auch Sonderanfertigungen nach eigenen Entwürfen an.


Supersüßer Kitsch, der von mir jedenfalls einen Daumen hoch bekommt. Die Eiswaffel-Heels im kommenden Sommer, stellt Euch vor ...

 Shoe Bakery - Heels im Torten-Look

Samstag, 26. Juli 2014

Und was ist mit deinen Freunden ?

Ja ... was ist mit meinen Freunden ?

Wenn ich ehrlich bin ... ich kann das gar nicht so genau sagen, ich weiss es nicht. Es gibt dabei Menschen, welche ich von vorn herein falsch eingeschätzt habe. Dann gibt es Menschen, von denen ich dachte die hätten mit mir kein Problem. Und es gibt Menschen, von denen ich enttäuscht bin. Zwar habe ich mich Anfang des Jahres fast überall geoutet, trotzdem habe ich noch lange nicht jedem persönlich als Tinka gegenüber gestanden.

Einen Freund habe ich mir extra bis fast zum Schluss aufgehoben. Ich dachte mir, wenn ich dem das von mir erzähle, dann dreht er sich auf dem Absatz um ... und geht. Ein Mensch, den ich sehr gut leiden kann und auf den ich nicht gerne verzichten würde. Im April war es dann soweit, wir verabredeten uns und mein Freund D. kam zu mir in den Garten, denn dort bin ich auch 2014 wieder eingezogen, wie auch 2013 und der aufmerksame Leser wird es wissen ... 2012 ebenfalls.

Wir saßen also nach etwas längerer Zeit endlich mal wieder bei einem Kräutertee zusammen und unterhielten uns. So ganz langsam lenkte ich die Gespräche in die richtige Richtung. Ich war an diesem Tag nicht Tinka, sondern so wie meine Umwelt mich kannte. Bla bla bla .... und was würdest Du sagen wenn ich Dir plötzlich im Röckchen die Tür öffnen würde, war meine direkte Frage.

Große und unglaubwürdige Augen sehen mich an. Ich zum zerreissen angespannt. Kurze Sprechpause. Ich sehe wie es im Kopf meines Gegenüber rattert, immer noch Sprechpause. Nein, das glaube ich jetzt nicht, ist das was mein Gegenüber als erstes über seine Lippen bringt. Er grübelt wieder und sagt dann ... ach deshalb die gepflegten Fingernägel, ich habe mir schon so meine Gedanken gemacht, ja wenn ich jetzt darüber nachdenke ... mir sind schon des öfteren Dinge an Dir komisch aufgefallen, jetzt ist mir alles klar.

Als D. mich das nächste mal besuchte, öffnete ich natürlich als Tinka. Er überhäufte mich mit Komplimenten, eine Situation, welche mir bis jetzt fremd war. Normalerweise geht das so:
Hey Alter, alles klar bei Dir ? Jo Mann, allet cool, lass uns mal nen Kräutertee trinken ! Aber diesmal war das anders ... Hey Tinka, Du siehst wirklich klasse aus, gut das ich dich kenne, sonst würde ich wohl auf dich herein fallen. Nein wirklich, Du siehst echt toll aus als Frau.

Hey D. ... warum bist Du mir so aufgeschlossen und warum hast Du kein Problem mit mir ?

Ach weißt Du Tinka, ich kenne Dich nun schon ein paar Jahre. Du bist doch trotzdem Du, so wie ich dich die ganzen Jahre kenne. Ja gut, die Optik ist mir neu aber solange Du mir nicht in den Schritt greifst, ist alles OK. Ich habe das doch auch beim letzten Besuch schon gemerkt, Du bist einfach Du !

Tinka sehr glücklich ...

Dann gibt es Menschen, von denen ich enttäuscht bin.
Mein Freund A. ist solch ein Fall. Ich meine ich war immer für A. da, keine Frage ! A. und ich haben schon sehr tiefgründige Gespräche geführt. Vor allem als A. von seiner Freundin verlassen wurde, konnte A. sich an meiner Schulter ausheulen ... tagelang.

Oder wenn A. wieder einmal neue Bremsbeläge brauchte ... Tinka hat sie ihm gewechselt, jedes Jahr. Überhaupt war A. ein Mensch, der fast täglich zu mir kam. Manches mal war mir das dann schon zu viel ... aber für einen Freund ist man doch immer da ... oder ?

Mit A. habe ich mir schon Anfang März gegenüber gesessen und habe mich vor ihm geoutet. Alles kein Problem ... nein wirklich, ich habe damit kein Problem, wir kennen uns ja so lange !

Das wars ... A. habe ich bis heute (01. November 2014 - ich schreibe ja nach) nicht mehr zu Gesicht bekommen. A. wohnt keine 10KM von mir entfernt, aber der Weg muss zu lang geworden sein. Und dann immer diese billigen Ausreden ... ja Tinka, ich muß auch arbeiten und Geld verdienen, da habe ich keine Zeit.

Weist Du A. du A. ... wir beide arbeiten immer, seit wir uns kennen. Ob ich damals oft Zeit für dich hatte, war dir ja auch egal ... bist halt einfach immer gekommen, eine Selbstverständlichkeit !

Aber ob mein Outing daran Schuld hat ? A. hat es ja auch vor meinem Outing nicht mehr geschafft, mir seine neue Freundin persönlich vorzustellen, mit der er schon über 3 Jahren zusammen ist. Ich werde den Grund wohl nicht mehr erfahren, denn Menschen kommen und gehen und ich kann dazu nur sagen ... na dann tschüss ...  Petri flieg !

Andere Bekannte und Freunde habe ich noch vor mir, auch die Familie ist noch nicht komplett abgearbeitet. Aber ich lasse mir dafür Zeit, ich bin ja nicht auf der Flucht.

Wenn sich diesbezüglich noch besondere Dinge ereignen, werden sie später auch hier zu lesen sein !


Aber ein vorzeitiges Fazit könnte ich schon für mich ziehen:

Ich werde meinen Weg gehen und wer nicht mit mir kommt, der bleibt halt zurück ! Zu lange habe ich gelitten und mich jahrelang vor Menschen wie A. verstellt. Wofür ? Für solche Oberflächlichkeit ? Das wird mir in meiner Zukunft garantiert nicht wieder passieren ! Das Leben ist zu kurz ...

Samstag, 1. März 2014

Oha Papa

Gibt es etwas schöneres als solch ein Kompliment von der eigenen Tochter ?

Über den Winter habe ich mir eine neue Perücke zugelegt. Die Sonne scheint und so langsam zieht es mich raus in die Natur.

Nach einer längeren Pause mache ich mich endlich wieder einmal zurecht, ziehe alle meine neuen Errungenschaften an, welche ich mir im Winter gekauft habe.

Und natürlich auch meine neue Perücke. Ich bin auf der Suche nach einer Perücke, mit der ich auch wie eine normale Frau aussehe. Ich bin schon am verzweifeln, gibt es nur Perücken die dich sofort als Mann auffliegen lassen ?

Welche Frau steht morgens um 9:30 Uhr im Supermarkt und sieht aus als ob sie zur Oskar Verleihung gehen möchte ?

Die Plastikfrisur in perfekter Form, jede Welle, jede Locke sitzt ... NEIN verdammt, so etwas will ich nicht !

Ich möchte nicht auffallen, ich möchte mit zerzaustem Haar dem Postbooten öffnen und auch so in den Supermarkt gehen.




Nun probiere ich es halt mal mit dieser Perücke. Nein ... das Gesamtbild gefällt mir schon ganz gut aber es ist noch immer zu clean, zu perfekt. Ich mache ein Foto und sende es meiner Tochter.

Ich bekomme promt eine Antwort von ihr und schmelze vor Glück dahin ... so ein Kompliment habe ich bisher von meiner Tochter noch nicht bekommen. Ich bin auf dem richtigen Weg ...

Dienstag, 31. Dezember 2013

Outing im Freundeskreis

Jahreswechsel 2013-2014
Ich will nicht mehr allein sein ... Outing im Freundeskreis

Silvester steht vor der Tür und ich überlege schon längere Zeit ob ich als Frau zur Silvesterfeier erscheinen soll. Doch bisher spielte sich mein Frau-sein nur in meinen vier Wänden ab und bis auf meinen Beinahe-Fast-Schwager Pascal weiss Niemand etwas davon, Zeit das zu ändern. Silvester mit seinen immer wiederkehrenden Vorsätzen für das neue Jahr Gehabe ist der perfekte Zeitpunkt … jetzt oder nie


Ein Jahr ist vergangen, seit ich mich vor meiner Frau und Tochter geoutet habe. Ein Jahr in dem so einiges bei und mit mir passiert ist. Zuhause kann ich mich nun kleiden, wie es mir gefällt. Ich kann mich schminken, habe meinen Kleiderschrank neu geordnet, 80% des selbigen werden nun durch Damengarderobe beansprucht, im Badezimmer haben wir uns auch neu sortiert (ich habe mich ausgebreitet), brauchen alle meinen tollen Dinge wie Parfum, diverse Körperpflegeprodukte und anderer überlebenswichtiger Krims-Krams doch auch seinen Platz und bei drei Frauen wird das schon etwas eng ;-)

Diverse Rasierapparate und andere Gerätschaften zum entfernen nicht mehr benötigter Körperbehaarung haben ebenfalls Einzug gehalten und belegen sämtliche Steckdosen, rund ums Waschbecken. Sollte hier etwas Stress vorprogrammiert sein, abgesehen davon das wir wohl besser einen Zeitplan für die Nutzung des Bades aufstellen sollten ? Kürzlich sagte mir meine Tochter das ich definitiv zulange Zeit für das Abschminken benötige, das geht auch schneller !

Für Alle die sich jetzt vielleicht ein wenig wundern warum wir vielleicht einen Zeitplan fürs Bad einführen sollten, das liegt daran das ich im Bad echt ungestört sein wollte, hatte ich doch mit einem gewissen Schamgefühl zu kämpfen. Ich hatte echt Probleme damit mich vor meiner Tochter in Frauenunterwäsche zu zeigen. Ich wollte auch nicht das mich die Mädels beim schminken beobachten. War mir irgendwie peinlich, die hätten mich bestimmt ausgelacht, wie ich mich anfänglich angestellt habe. Heute ist das anders ich habe gelernt das es für sie kein Problem darstellt aber es hat mich Überwindung gekostet.

Egal, weiter geht´s … also Zuhause war alles schick, ich konnte anfangen mich Stück für Stück zu öffnen und mich frei zu entfalten. Ich ging meinen Mädels schon mächtig auf den Zeiger, denn ich hinterfragte jede Veränderung an mir. Ich wollte zu allen Dingen eine Meinung wissen, kann ich die Haare so tragen, wie sieht das aus, sind die Tüten zu groß oder passen sie zu meiner Körperstatur ? Ich möchte jetzt nicht eingebildet werden aber ich hörte zum Glück selten eine negative Kritik. Nein … Du machst das wirklich toll, wir können uns überall mit dir sehen lassen ;-)

Doch all diese schönen Erlebnisse und Veränderungen finden nur Zuhause statt, sie Enden bisher direkt hinter der Wohnungstür, irgendwie so wie ich mich mein ganzes Leben hinter etwas verstecken musste. Wenn es an der Wohnungstür klingelt, dann muss ich plötzlich wieder Mann spielen. Dein Mann ist aber jedes mal wenn ich euch besuchen komme auf dem Klo … ist ja komisch …

Ja sehr komisch ... ich bekomme ja auch jedes mal einen Herzkolla, wenn es an der Tür klingelt, egal ob es Freunde, Familie oder der Postboote ist. Es durchzuckt mich regelrecht, so das ich einen halben Meter vom Boden abhebe und dann greif ich mir alles was irgendwie nach Frau aussieht und renne stolpernd ins Bad ... schnell umziehen.

Ich habe dann auch schon mal vergessen das ich Nagellack trage, ich habe dann den ganzen Abend mit verkrampften Händen da gesessen, wie Vogelkrallen ... als ob ich Gischt hätte, damit Niemand meine lackierten Nägel sieht.

Mich plagt das schlechte Gewissen ich belüge Freunde und Familie, so kann und darf es nicht weiter gehen. Das ist nicht die Freiheit wie ich sie mir wünsche, eine Freiheit die bestimmt wird durch verstecken spielen, Mann sein müssen, vernachlässigen sozialer Kontakte, Lügen ...

So geht das alles nicht weiter ich muss raus unter Menschen, ich muss richtig am Leben teilhaben ich muss mich auch nach Aussen öffnen, ich brauche keinen goldenen Käfig. Raus auf die Strasse mich ins Leben stürzen, ich wünsche mir das schon so so lange aber das funktioniert nur wenn ich endlich raus gehe und mich Freunden und der Öffentlichkeit öffne.

Es wird ein harter Weg ich weiss nicht was mich erwarten wird. Werde ich am Ende womöglich allein da stehen, verliere ich meine Freunde ? Welche Auswirkungen wird ein Outing mit sich bringen ? Ich werde es herausfinden müssen aber erst einmal werde ich mich en femme auf die Straße stürzen. Testgelände sozusagen, ich möchte mich vor meinen Freunden nicht blamieren, jetzt beginnt der Feinschliff.

Meine ersten Versuche fanden natürlich am Abend wenn es dunkel war statt. Wir sind mitten im Herbst und ich ziehe meinen neuen Wintermantel an, welchen ich endlich bekommen habe. Ich habe lange nach einem Wintermantel in meiner Größe gesucht, es ist nicht einfach einen in meiner (48+) zu bekommen. Ja … wir Deutschen leiden alle an Übergewicht, das spiegelt sich hier deutlich wieder. Ich wollte immer schon so einen haben, mit einer kuschligen Kunstfell Kapuze, wie lange habe ich den Mädels im Winter neidisch hinterher geschaut.

Also … Frauchen geschnappt und einen Abendspaziergang machen, Hand in Hand eine riesige Runde sind wir gelaufen, ich in meinem neuen Mantel, den neuen Stiefeln … es war herrlich. Das klackern der Absätze, wie ich es liebe ;-) Arm in Arm, wie zwei Freundin … zwei Schritt vor, ein zurück, einen links und ein nach rechts …

Bei jedem Menschen der uns entgegen kam senkte ich meinen Kopf. Ich konnte mich gut unter der kuschligen Kunstfell-Kapuze verstecken. Ich hatte Angst das man mich als Mann erkannte. Zuhause angekommen mischten sich Glücksgefühle mit Ärger. Ich ärgerte mich darüber das ich mich immer wieder unter meiner Kapuze versteckt habe. 

Nein so wird das nichts und deshalb bin ich gleich am nächsten Tag wieder raus. Gut es war auch dunkel aber ich bin raus, auf den Te-Damm … viele Menschen, Einkaufscenter, Berufsverkehr in Berlin … kurz es war viel los auf den Strassen. Kopf hoch und durch, ich beobachtete meine Umwelt genau, jedoch schien sie keinerlei Notiz von mir zu nehmen. Niemand starrte mich an oder schlimmer, lachte vielleicht. Ein tolles Fazit für mich, bis auf den Hundehaufen unter dem Laub … menno warum klackern meine Stiefel nicht mehr ?

Mein Entschluss steht fest, Silvester als Frau … komm mit mein Schatz, wir müssen shoppen gehen !
Aufgedreht wie immer packe ich mein Frauchen und zerre sie ins nächste Einkaufscenter.

Tinka braucht etwas schickes zum anziehen, festlich sexy und weiblich muss es sein und von wegen nur Männer bekommen eine Krise wenn sie mit ihren Frauen shoppen müssen, nein das stimmt nicht ;-)

Die Entscheidung was ich denn nun tragen werde fällt 30 Minuten bevor wir bei meiner Schwester sein sollten auf ein schwarzes Mini-Kleid mit Netzstrümpfen und tiefen Einblicken. Es ist kalt draussen aber ich spüre das nicht. Ich geniesse vielmehr dieses freie Gefühl, wie der Wind um meine Beine pustet.

Der Abend beflügelt mich und zu später Stunde, reichlich angeschossen, als die Mobilfunknetze in Deutschland so langsam zu Höchstleistungen auflaufen müssen, ist auch meine SMS an meinen Kumpel Ingo mit dabei … und viele weitere werden später folgen.



Der Schritt mich in meinem Freundes- und Bekanntenkreis zu outen ist eine logische Folge und nicht zu verhindern. Die Frage ist halt auch wann ist der richtige Zeitpunkt dafür ? Ich, also icke muss vor solch einem Schritt natürlich einiges beachten. Aber das wichtigste was noch vor meinen eigenen Wünschen und Bedürfnissen stand war und ist meine Tochter !

Ich war und bin glücklich und meiner Tochter natürlich dankbar, das sie das mit mir alles so mitmacht, was für Herausforderungen sie meistert, welche ich ohne sie zu fragen einfach in ihr Leben getragen habe. Das sie mich 100% akzeptiert, das sie mich unterstützt und hinter mir steht. Aber trotzdem hat auch sie ihr eigenes Leben, ein öffentliches Leben welches ich zu respektieren habe und respektiere.

Und derzeit (2013) ist sie noch nicht bereit ihren Freundeskreis einzuweihen. Das ist durchaus ein Problem für mich, denn ihr Freundeskreis schneidet sich natürlich auch mit mir … bin ja der Papa ;-) Ich habe meine Tochter quasi in ihrem 15 Lebensjahr da mit reingezogen und was Kinder/Jugendliche mit solch einer Information wie „Papa trägt Röckchen“ alles machen können, möchte ich jetzt hier nicht weiter ausmalen.

Sie ist nun 17 Jahre alt (2013) und sie hat eine Freundin eingeweiht. Ich kenne ihre Freundin schon aus dem Kindergarten, indem sie beide zusammen waren. Ihre Freundin findet das alles cool und meine Tochter hat nun endlich einen gleichaltrigen Menschen zum austauschen, einen Menschen aus ihrer Generation.

Meine Tochter hat sich dann über das gesamte Jahr 2013 hinweg mit meinem Wunsch beschäftigen müssen. Ich habe sie nicht gedrängt, sie hat sich ganz allein Stück für Stück mit der Thematik beschäftigt, hat Informationen und Meinungen aus ihren Kreisen gesammelt und sich mit der Situation auseinander gesetzt.

Gemeinsam haben wir über Vor- und Nachteile gesprochen, wir haben das gesamte Jahr Revue passieren lassen, mit all den Dingen die wir zu beachten hatten. Wir hatten einen Wochen- Tagesplan aufgestellt. Dort stand an welchen Tagen sie ungefragt Besuch mitbringen darf, damit sie sich sicher sein konnte das sie in keine peinliche Situation gerät. Nicht schön ... aber es hat uns in dem ersten Jahr geholfen. Vor dem Plan sind Spannungen entstanden, wir haben GEMEINSAM an Lösungen gearbeitet.

Die Gesamtsituation blieb jedoch für uns alle unbefriedigend, weil einengend und nicht frei !

Zum Jahreswechsel 2013-2014 habe ich von meiner Tochter dann das OK zum Outing im gemeinsamen Freundes- und Bekanntenkreis bekommen … ich habe diese Chance genutzt und mit bedacht und vor allem langsam begonnen mich bei Freunden, Familie und Bekannten zu outen.

Mittwoch, 1. Mai 2013

Fluch oder Segen ?

Endlich, der Frühling kommt und ich kann es kaum mehr erwarten endlich einmal meine neuen Kleider auszuführen. Das Outing vor meiner Frau und Tochter habe ich hinter mir und nun ... neues Jahr und es kann endlich losgehen.
Aber für mich ist etwas anderes in diesem Frühling vorgesehen. Denn eines schönen Frühlingsmorgen sitze ich bei meinem ... ich sage mal morgendlichem Geschäft. Und während ich mich mit dem hübschen mit Blümchen bedruckten Toilettenpapier in der Hand haltend, um 45 Grad drehe, um das Geschäft zum Ende zu bringen, macht es Knack in meinem Hals. Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule, das wars ...


OK, ich möchte hier nicht schon wieder rumjammern, aber das war die schlimmste Zeit meines Lebens. Ich war 4-6 Wochen überhaupt nicht mehr auf diesem Planeten, soviel coole Mittelchen ... alles so schön bunt hier ... musste ich mir wegen der Schmerzen einklinken. Nun, nach 4-6 Wochen konnte ich mich wenigstens wieder einigermaßen schmerzfrei bewegen, aber das Ende ... war das noch lange nicht.


So viel zum Fluch, kommen wir nun zum Segen.

- Wir haben Mitte April 2013. Meine Personenwaage schreit mir jeden Morgen ein lautes 90 Kilo in Gesicht, ich bin totunglücklich.

- Wir haben Mitte Juni 2013. Meine Personenwaage stammelt nur noch leise jeden Morgen 78 Kilo in mein grinsendes Gesicht, ich bin überglücklich :-)

Die letzten 4-5 Jahre habe ich vergeblich versucht etwas gegen mein Gewicht zu tun. Ich wurde immer fetter und fetter. Ich habe schon überhaupt nichts mehr gegessen, doch das Gewicht stieg.

Durch den Bandscheibenvorfall habe ich über 12 Kilo in kurzer Zeit verloren, ein perfekter Ausgangspunkt zum Sommershoppen ... freu !